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Thromboembolierisiko von Chlormadinon-haltigen Kontrazeptiva (BELARA u.a.) und Langzyklus-Kontrazeptivum SEASONIQUE liegt im Mittelfeld

Per Rote-Hand-Brief1 informieren die Anbieter über neue Daten zum bislang unzureichend bekannten Risiko venöser Thromboembolien (VTE) von Ethinylestradiol (EE)- plus Chlormadinon-haltigen Kontrazeptiva (BELARA u.a., a-t 2019; 50: 14-5). Nach einer unveröffentlichten Auswertung von gepoolten Daten aus vier Kohortenstudien (RIVET-RCS) ist die Gefährdung im Vergleich zur Referenzkombination EE plus Levonorgestrel (ROSALINA u.a.) numerisch 1,25-fach erhöht (Hazard Ratio 1,25; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,72-2,14). Dies entspricht einer geschätzten Inzidenz von 6 bis 9 VTE pro 10.000 Frauen und Anwendungsjahr statt 5 bis 7 (siehe Tabelle). Nach Daten aus Deutschland könnte das VTE-Risiko sogar zweifach erhöht sein (Odds Ratio 2,06; 95% CI 1,58-2,68; s. auch a-t 2021; 52: 63-4).1,2 Aus dem im Rote-Hand-Brief angeführten Risikovergleich geht zudem hervor, dass die Einnahme von EE plus Levonorgestrel im Langzyklus (SEASONIQUE) über 84 Tage ein 1,4-fach höheres VTE-Risiko bergen kann als die Einnahme der Hormonkombination in üblichen 28-Tage-Zyklen. Die VTE-Inzidenz wird auf 5 bis 15/10.000 Frauen und Jahr geschätzt, bei erstmaliger hormonaler Verhütung möglicherweise höher.1,3 Unzureichend geklärt ist hingegen nach wie vor das VTE-Risiko der vergleichsweise neuen Estradiol-haltigen Kontrazeptiva mit Nomegestrol (ZOANNE, ZOELY; vgl. a-t 2021; 52: 63-4) bzw. Dienogest (QLAIRA; a-t 2019; 50: 14-5) sowie von Estetrol plus Drospirenon (DROVELIS; a-t 2021; 52: 51-2). Generell ist das VTE-Risiko im ersten Jahr der Anwendung kombinierter hormonaler Kontrazeptiva sowie nach einer Pause von vier oder mehr Wochen am größten.1 Sollte ein – in der Tabelle hellrot hinterlegtes – Kontrazeptivum verordnet werden, das nicht wie beispielsweise EE plus Levonorgestrel zu denen mit dem geringsten VTE-Risiko gehört, ist konkret und verständlich über die erhöhte Gefährdung aufzuklären.1 Aus haftungsrechtlichen Gründen empfehlen wir, dies schriftlich zu dokumentieren. In einer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verbreiteten Informationskarte für Anwenderinnen kombinierter hormonaler Kontrazeptiva wird zwar aufgeführt, wann das Risiko von Blutgerinnseln am größten ist,4 jedoch nicht über die zusätzlichen Risiken informiert, die von den jeweiligen Hormonkombinationen ausgehen. Somit wird ausgerechnet der Faktor nicht genannt, der durch Auswahl des Kontrazeptivums direkt beeinflussbar ist. Mit der „bewusst allgemein gehaltenen“ EU-weit verwendeten Informationskarte soll – so das BfArM – die ärztliche Therapieentscheidung nicht infrage gestellt werden.5 Wir erachten dies indes als verpasste Gelegenheit zur konkreten Risikoinformation, –Red.

1Gedeon Richter u.a.: Rote-Hand-Brief vom 23. Febr. 2024; https://a-turl.de/jgew
2SCHINK, T. et al.: BJOG 2022; 129: 2107-16
3Theramex: Fachinformation SEASONIQUE, Stand März 2021
4BfArM: Informationskarte für die Anwenderin, Stand Sept. 2021; https://a-turl.de/vcwm
5BfArM: Schreiben vom 6. März 2024

© 2024 arznei-telegramm, publiziert am 15. März 2024

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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